Das Verlorene Paradies

Paradise Lost


Parnassius apollo| Parnassian apollo / Roter Apollo
Roter Apollo auf einer Wiese, Schwäbischen Alb | Parnassian apollo, Swabian Alb

Das verlorene Paradies
——

Ich verließ das Paradies
Als ich die Gewalt
Über Pflanz und Tier
Zu meinem Eigen machte

Ich fand Wissen und Macht
Von unvorstellbarer Größe
Und bediente mich
Nach Lust und Laune
Dem Götterwahn verfallen

Ich machte mich schuldig
Des Raubes und der Ausbeutung
Verlor jedes Maß
Und schiere Gier
Lenkt nun mein Handeln

Und so wandte ich mich
Gegen meine eigene Natur
Tauschte Pfeil und Bogen
Gegen den Pflug ein
Zwang meine freie Seele
In das Korsett der Sesshaftigkeit

So verleugne ich mein wahres Erbe
Für eine Welt voller Illusion
Gesponnen aus einer Spirale
Ungehemmter Völlerei
Genährt aus dem Geflecht
Unzähliger und vielfältiger Lebewesen

Doch meine Kinder sehen
Was ich fortwährend verdränge
Meine Illusion ist längst verflogen
Und mit ihr gehen auch jene
Kostbaren Schätze der Natur
Die Vielfalt millionenfacher Jahre
Mit einem Wimpernschlag vernichtet

Sie sehnen sich nach Befreiung
Nach der natürlichen Ordnung
Im Einklang mit dem Lebensgeflecht
Aller sichtbaren und unsichtbaren Wesen
Nach ihrer wahren Natur
Der Intuition und dem Sein
Ich höre ihre Stimmen
Voller Wut und Verzweiflung

Im Moment der Erkenntnis
Steigt in mir ein Urverlangen
Nach einem Dasein
Im Schoße der Natur
Ich sehne mich nach meinem wahren Platz
Im universellen Geschehen
Jetzt sehe ich vor mir liegend
Das Ausmaß meiner Zerstörung
An all den anderen Wesen
Hat mich selbst unlängst getroffen

Und so bin ich gezwungen
Ganz von vorn zu beginnen
Zurück zu dem Bewusstsein
Des Sammlers und des Jägers
Befreit vom Zwang der Sesshaftigkeit
In Hoffnung und in Demut

Doch werde ich meinen wahren Platz
Im Lebensgeflecht je wieder einnehmen?
Das weiß nicht mal das Universum
Denn so ist das Leben
Unberechenbar und ohne Ziel
Zufällig und geregelt zugleich
Und nichts bleibt ohne Konsequenz

Paradise lost
——

I left paradise
When I gained power
Over plants and animals
And put it to my own use

I found knowledge and power
Of unimaginable greatness
And I helped myself at will
Falling into the delusion
Of being like a god

I made myself guilty
Of robbery and exploitation
Lost all measure
As sheer greed
Now guides my actions

And so I turned
Against my own nature
Exchanged bow and arrow
For the plow
Forced my free soul
Into the corset of sedentariness

So I deny my true heritage
For a world full of illusion
Spun from a spiral
Of unrestrained gluttony
Nourished from the web
Of countless and varied creatures

But my children see
What I continually repress
My illusion has long since vanished
And with it go those
Precious treasures of nature
The diversity of millions of years
Destroyed in the blink of an eye

My children long for liberation
For the natural order
In harmony with the web of life
Between all visible and invisible beings
According to their true nature
That of Intuition and beingness
I hear their voices
Full of rage and despair

In the moment of realization
A primal longing rises in me
For an existence
In nature‘s very bosom
I long for my true place
In the universal turn of events
But I see lying before me
The extent of my destruction
On all living beings
And on my own self

And so I am forced
To start all over again
Back to the consciousness
Of the gatherer and hunter
Freed from the constraints of sedentariness
In hope and in humility

But will I ever take my true place
In the web of life again?
Not even the universe knows
For such is life
Unpredictable and without purpose
Random and regulated at the same time
And nothing remains without consequence

© Njikoha Ebigbo 2021


6 Kommentare zu “Das Verlorene Paradies

  1. Wunderschönes Foto vom roten Apollo.
    Das Gedicht bringt uns zum Nachdenken und stellt viele Fragen.

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